Abenteuer Metalldrück-Kurs

Einen Wochenendkurs für verschiedene handwerkliche Tätigkeiten zu finden, ist meist kein größeres Problem. Es gibt Töpferkurse, Drechselkurse, Schnitzkurse, Schweißkurse, Schmiedekurse, Hobelkurse, etc. Sucht man allerdings nach einem Hobbykurs zum Metalldrücken… dann wird das schon deutlich schwieriger und Dank Corona quasi unmöglich. Hier gab schon vorher quasi keine (hier würde ich mich freuen andere Informationen von offiziellen Kursen zu bekommen).

Letztes Jahr hatte ich versucht alle Metalldrückerbetriebe im Umkreis von rund 200 km um Mainz (es sind nicht viele) zu kontaktiert und nach einer Möglichkeit für einen Tageskurs gefragt. Ich hatte sogar über ein mehrtägiges Praktikum nachgedacht, wenn meine Regierung mitgespielt hätte. Aber von den Betrieben bekam ich entweder keine Antwort oder ein „wir machen sowas nicht“.

Ich hab meine Suche in den englischsprachigen Raum erweitert und bin dort auf die Internetseite von Terry Tynan gestoßen. Dieser biete Metalldrückkurse offiziell an, antwortet aber leider auch nicht auf Anrufe oder e-Mail Nachrichten. Ich entschied mich das von ihm angebotene DVD Paket zu kaufen und freute mich unheimlich auf die Videos. Die Videos sind in meinen Augen sehr empfehlenswert, ersetzen aber irgendwie nicht einen erfahrenen Lehrmeister, wie ich feststellen musste.
Ich studierte die Videos während meinen Zugfahrten zur Arbeit und stellte auch meine ersten Werkzeuge nach der Anleitung in den Videos selbst her.

Die dritte DVD handelt davon, eine kleine Holzdrechselbank zur Metalldrückbank umzubauen und alles auf dieser DVD wird auf dieser kleinen Bank gedrückt.

Irgendwann stieß ich auf der Seite von Holzwerken in der Lesergalerie auf Bilder von gedrückten Hängelampen aus Kupfer von einem Herrn Thomas R. aus FR. Durch meine Internetrecherche fand ich einen gleichnamigen privaten Gitarrenlehrer. Ich hatte kurz überlegt, ob man unter Umständen als Metalldrücker auch Gitarre unterrichten kann und fand es im Bereich des Möglichen :-). Also nahm ich Kontakt auf und ich hatte die richtige Person am Telefon.
Wir einigten uns darauf, dass wir uns zu einem „Kurs“ in seiner Garagenwerkstatt treffen können, wenn die Pandemie einigermaßen im Griff ist und ich könnte bis dahin schon mal ein wenig Erfahrungen sammeln.

Die Lampe aus Holzwerken Galerie in Aktion

Trainerstunden

Der erste Termin im Mai musste leider noch mal verschoben werden, aber letztens Samstag fand das Treffen dann endlich statt. Hier muss ich dazu sagen, dass wir sicherlich beide nicht so recht wussten, was uns erwarten wird. Thomas ist Metalldrückermeister und bildet auch Auszubildende aus. Allerdings ist es etwas ganz anderes, einen Azubi über 3 Jahre im Betrieb zu begleiten und zu unterrichten, als irgend einen dahergelaufenen Informatiker innerhalb von einem Tag die Metalldrückwelt zu erklären. Eine zusätzliche Einschränkung war, dass ich aus terminlichen Gründen sogar nur einen halben Tag zeit hatte und das ist wirklich ein sehr sehr enger Zeitplan.
Wir einigten uns also schon im Vorfeld, dass wir nicht von einem Kurs sprechen wollten, sondern mehr von einer Art Trainerstunde wie beim Tennis oder Golf 🙂

Hier war mein Arbeitsgerät für diesen Tag, eine „kleine“ Leifeld mit 30cm Spitzenhöhe, fest im Boden verankert. Im Rücken dann unzählige Werkzeuge, die sich meist irgendwie ähnlich sahen 🙂
Mein erstes Projekt sollte ein kleiner Übertopf werden, so mal zum schnuppern. Thomas erklärte mir, auf was ich bei der Andruckplatte achten muss, welchen Durchmesser sie haben sollte und welches Material sich gut eignet. Hier kamen dann schon die ersten Aha-Effekte und ich verstand, warum ich zB immer einen kleinen Wulst in der Nähe der Andrückplatte hatte. Weiterhin hatte ich den Boden der Drückform leicht konkav gedreht, da sonst zu viel Reibung zwischen Drückform und Gegenplatte war. Hier erklärte mir Thomas, dass es besser ist die Druckplatte konkav zu drehen, damit diese nur am äußeren Bereich das Blech an die Form drückt. Damit bleibt der Boden des Werkstücks plan.

Danach ging es ans Drücken. Thomas benutzte ganz andere Werkzeugformen als Terry Tynan in den DVDs und somit musste ich ein wenig umdenken. Ich konnte hier schnell die Vorteile von Thomas Werkzeugen sehen, allerdings will ich jetzt nicht in neue Eisen investieren 🙂 Hier muss ich erst mal damit auskommen, was ich besitze und versuchen eine Mischung aus den Techniken zu finden die mir Thomas gezeigt hat und zB was in den DVDs beschrieben wird. Terry Tynan benutzt die gleichen Werkzeuge wie ich sie zur Zeit habe.

Was für mich am interessantesten war, zu verstehen, wieviel Druck aufgebaut werden muss. Während das Werkzeug über das Blech gleitet, wird dieser immer unterschiedlicher angewendet. Dies ist sehr viel Gefühls- und Übungssache. Aber so richtig sehen kann man das irgendwie nicht. Während ich Thomas beim Drücken beobachtete, verformte sich das Blech ganz gleichmäßig langsam über die Form. Dabei konnte ich keine Momente erkennen, an denen mehr oder weniger Druck auf das Werkstück ausgeübt wird… Mir wurde es zwar jeweils erklärt und gesagt, aber das gesagte anzuwenden ist noch mal etwas ganz anderes.
Als ich dann mein „Glück“ versuchte, hatte ich das Gefühl keine meiner Muskeln richtig zu kontrollieren. Es fühlte sich ähnlich der ersten Tanzstunde an :-D, doch das Abenteuer Tanzstunde hab ich erfolgreich nach 6 Stunden abgebrochen. 😀

Wo wir recht ausgiebig darauf eingegangen sind war das Werkzeug zum Schneiden auf der Drückbank. Hier wurde in meinen DVDs mehrfach darauf hingewiesen, dass es das gefährlichste Werkzeug ist. Bei nicht richtiger Anwendung kann dieses in das Werkstück gezogen werden und den Benutzer KO schlagen, oder die entstehenden Späne schneiden in die Finger und Handrücken. Hier nahm sich Thomas sehr viel Zeit um die Sicherheitsaspekte zu erläutern, Spezialformen zu besprechen und auch mein Werkzeug zu begutachten, ob die Winkel richtig geschliffen sind.
Hier sind wir auch noch auf die generelle Werkzeugpflege eingegangen, welche Schleifscheiben sich gut für die Drückwerkzeuge eignen und welche Oberflächengüte man hier erreichen sollte. Denn jeder Kratzer im Drückwerkzeug wird sich im Werkstück abbilden.

Jeweils 4 Kerzentüllen und 4 Übertöpfe

Ja, diese 8 Teile habe „ich“ in der Zeit gedrückt. Doch wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, dann ist bei keinem der Teil nicht doch irgendwo mal kurz der Thomas dran gewesen.
Gerade bei den Teelichthaltern war es echt beeindruckend wie genau man arbeiten muss. Hier wird mit zwei Formen gearbeitet, um erst die Innenform herzustellen, in der das Teelicht später sitzt. Und dann wird dieses in einer zweiten Form eingesetzt und der Rand fertig gestellt. Wenn man bei der ersten Form zu schlampig ist, passt das Werkstück dann nicht mehr in die zweite. Und das ist mir zwei mal passiert.

Neben dem Drücken an sich, hat mir Thomas auch noch gezeigt, welche Schritte man machen muss, um die Oberfläche entsprechend aufzubereiten und zu veredeln. Auch wenn da bei meinen Werken sicherlich noch viel Luft nach oben ist, wurden mir schon mal die wichtigsten Vorgehensweisen gezeigt. Wie man am besten das Blech reinigt, schleift oder poliert und danach mit Lack versiegelt.

Mein Fazit zu dem Tag bei Thomas. Es war nicht das letzte mal! 🙂
Aber jetzt heißt es üben und aus Fehlern lernen. Ich hab mir sagen lassen, man muss sich in der Regel auf jedes Drückteil erst einmal einstellen. Und mit jeder neuen Form wird es neue Probleme geben, die man erst mal verstehen und dann lösen muss. Metalldrücken ist eigentlich nicht wirklich geeignet für Einzelstücke herzustellen. Aber ich finde es spannend und ich will gerne dran bleiben. Deshalb hoffe ich, dass ich Thomas in einem halben Jahr mal wieder besuchen darf.

Falls Jemand etwas ähnliches vor hat, der kann sich gerne bei mir melden. Ich würde dann den Kontakt zu Thomas herstellen.
Auch falls Jemand professionell gedrückte Kleinserien sucht, eine bestimmte Form im Kopf hat, vielleicht sogar die Form selbst drechseln möchte, um dann von Thomas gedrückt zu bekommen. Hier kann ich den Kontakt auch gerne vermitteln. Thomas kann zB eine Holzform mit M33 Gewinde montieren und dann kleine Serien herstellen.
Bezüglich der Limitierungen etc. müsst ihr euch dann aber mit ihm unterhalten.

6 Kommentare

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Hallo Mario,
sehr interessanter Beitrag – ich wäre ebenfalls an einem Kurs interessiert. Gibt es eine Möglichkeit dich direkt (nicht über die Kommentarfunktion) zu kontaktieren?
VG, Caroline

Hallo Mario,
„Trainerstunden“ im Metalldrücken, das wäre auch etwas für mich. Über eine Kontaktvermittlung wäre ich dir sehr dankbar.
Gruß
Bob

Hallo Mario, danke für den interessanten Beitrag. Auch ich drechsle und drücke meist 1mm Kupfer- und Messingblech. Aus Mangel an Workshop´s zu diesem Thema, habe ich mich bisher selbst „eingearbeitet“, was natürlich mühsam ist, gerade wenn die Teile etwas größer werden, muß ja immer mal wieder nachgeglüht werden, usw. Ich würde mich daher freuen wenn Du den Kontakt zu Thoams herstellen könntest. Ich habe übrigens eine Schule DAB 35.
Besten Dank im Voraus und herzlichen Gruß, Norbert

Hallo Mario,
ich bin seit längerem für einen Mitarbeiter auf der Suche nach einem Drückkurs.
Wenn Du den kontakt zu Thomas herstellen könntest, oder zwischenzeitlich vielleicht auch noch weitere Anbieter von Crashkursen oder Workshops kennst, würde ich mich sehr freuen.

Besten Dank im voraus und herzliche Grüße
Sylvia

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